Montag, 14. September 2009

Himalayastatistik
nach Elizabeth Hawley und Jan Kielkowski


Annapurna (8.091 m)
Der gefährlichste Achttausender

Die "Göttin der Ernte"


Die Annapurna wurde zwar schon 1951 als erster Achttausender erstbestiegen. Und sie ist mit 8.091 Metern fast 800 Meter niedriger als der Welthöchste. Doch ihre Gefahren sind vielfältig. Sogar die "Normalroute" von Norden her ist durch extreme Lawinenhänge, Gletscherbrüche und Eisstürze bedroht. Annapurna bedeutet in der Sprache Einheimischer "Göttin der Ernte". Auf ihrem Gipfel standen bisher nur 106 Menschen. Insgesamt kamen bei Besteigungen, Versuchen, Auf- und Abstiegen an der Annapurna 55 Menschen ums Leben. Das heißt: Auf zwei erfolgreiche Besteigungen kommt ein Todesopfer.

Die Statistiken basieren auf Chroniken von Elizabeth Hawley (Kathmandu) und Jan Kielkowski. Hawley dokumentiert seit Jahrzehnten die Fakten für den Himalaya Nepals, ihr Kollege die Achttausender in Pakistan und Tibet. Die Datenreihen reichen von Albert Frederick Mummery auf dem Nanga Parbat (1895) bis zum heutigen Massentourismus auf dem Everest (Stichtag 31. Dezember 2000).


Berg /Höhe m/ Gipfelerfolge / Todesfälle

Mt. Everest /8850 / 1.314 / 167
Cho Oyu / 8201 /1.211 / 28
Gasherbrum II /8035/ 520 /16
Dhaulagiri / 8167 / 298/ 55
Broad Peak /8047 /233 / 18
Manaslu / 8163/ 198/ 51
K2 /8611 / 189 /49
Nanga Parbat / 8125 / 186/ 61
Shisha Pangma /8027 /180 /19
Makalu /8463/ 167 / 20
Gasherbrum I/ 8068 / 162 / 17
Kantschendzönga /8586 / 162 / 39
Lhotse/ 8516 / 151/ 9
Annapurna / 8091/ 109/ 55
Gesamt / 5080 / 604

Daraus ergibt sich, dass im Schnitt auf 100 Gipfelbesteigungen 8,41 Bergsteiger ihr Leben lassen, oder dass die Überlebenschance bei etwa 1 : 12 liegt. Will man also alle 14 Achttausender besteigen, brauch man mehr als die statistische Überlebenschance.
Das wird in der alpinen Szene nicht ausgeblendet, sonder ist den Höhenbergsteigern durchaus bewusst. Gerne umgeben sich Höhenbergsteiger mit dem Mythos des Besonderen, des Abenteurers.

"Killerberge" und Publikumsmagneten
Der Nanga Parbat folgt in der bitteren Statistik der Todesopfer an den Achttausendern – mit einem Verhältnis zwischen Toten und Gipfelerfolgen von 1:3,1 - hinter der Annapurna an zweiter Stelle. Erst an dritter Stelle steht der gefürchtete K2 mit einem Verhältnis von 1:3,4. Vierter ist der Manaslu (1:3,7) mit seinen gefährlichen Lawinen. Der von der Boulevardpresse und sogar von Fachmedien so ausgeschlachtete Mt. Everest kommt bei der Gefährlichkeit unter allen 14 Riesen erst an siebenter Stelle (1:7). Das hat unter anderem mit dem heute fast hemmungslosen Einsatz von künstlichem Sauerstoff und der Hilfe durch Hochträger, Bergführer und Sherpa-Hochträgern zu tun.

Weniger gefährliche Achttausender
Das geringste Todesrisiko hat der Cho Oyu mit einem Toten gegenüber 47 erfolgreichen Besteigungen. Er wird deshalb am stärksten vermarktet. Danach folgen der Gasherbrum 2 und der Zentralgipfel des Shisha Pangma (1:31). Der nur wenige Meter höhere Hauptgipfel des Shisha Pangma ist risikoreicher und daher viel seltener bestiegen (1:9). Dann folgen Gasherbrum 1 (= Hidden Peak) mit 1:10 und Broad Peak mit 1:12.

Lhotse ist das Mauerblümchen
Der Lhotse ist als direkter Nachbar des Mount Everest ein Spezialfall. Er zählt mit 8.516 Metern zu den "hohen" Achttausendern. Sein Gipfel ragt südöstlich des South Col weit in die Todeszone. Nach der Annapurna gibt es hier die insgesamt wenigsten Besteigungen, nämlich nur 129. Obwohl der Lhotse eine schöne, eigenartige Form aufweist und alpinistisch von mehreren Seite spannend wäre, interessieren sich fast alle, die in die Region kommen, ausschließlich für den direkt benachbarten Mount Everest als Gipfel aller Eitelkeiten. "Sie laufen am Lhotse achtlos vorbei", so beschreibt es dessen Erstbesteiger, der Schweizer ERNST REISS in einem Interview gegenüber GERALD LEHNER. Reiss und Fritz Luchsinger erreichten 1956 erstmals den Gipfel.

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